Eine Grundsatzentscheidung - ich werde zur See fahren.
Schuld daran ist Heimir, der Skipper vom Zweimastschoner Tilvera, mit dem Bea & ich letzten Sommer einen Turn im Scoresbysund gemacht haben. Letztendlich habe ich vor einigen Wochen die Zusage bekommen, dass ich diesen Saisonbeginn als Deckhand auf dem Schiff arbeiten kann; wir gehen Mitte April von Husavik in Nordisland auf See und segeln via Jan Mayen nach Spitzbergen. Dort stehen dann Ski & Sail Touren mit wöchentlich wechselnden Gästen auf dem Programm.
Aber um gewerblich als Crewmitglied arbeiten zu können, benötigt man das sogenannte STCW Zertifikat - ein Basistraining für Sicherheit auf See.
Etwas Theorie wie rechtliche Grundlagen und dazu viel Praxis: angefangen bei erster Hilfe über das Ausbringen von Bereitschafts-, Freifall- und Rettungsbooten, Rettungsinseln, das Bergen von verletzten und über Bord gegangenen Personen, Umgang mit persönlichem Rettungsmaterial wie z.B. Ueberlebensanzügen.
Und - neu für mich - Brandbekämpfung.
Das ist für einen Laien wie mich eine ganz spezielle Hausnummer - den Fluchtinstinkt überwinden und mit Vollschutz (also Maske & Sauerstoff) durch Flammen in heisse, verrauchte Räume vorzudringen, dort Brände zu bekämpfen, nach verletzten Personen zu suchen & diese gegebenenfalls zu bergen. Sehr real durch sogenannte Brandcontainer, in denen vom Instruktor per Fernbedienung verschiedene & unterschiedliche Brände sowie Rauch ausgelöst werden können.
Ebenfalls sehr beeindruckend das Zirkeltraining mit voller Ausrüstung & Atemschutz: je 5 min radfahren & laufen auf 200W sowie 25m auf einer Endlosleiter hinaufklettern. Im Anschluss geht es dann in die sogenannte Hölle - ein pechschwarzer Raum mit Kunstrauch, brüllend lauter Musik und Stroboskoplicht. Hier ist ein Gitterkäfiglabyrinth inklusive toten Enden aufgebaut (Würfel mit 1,50m Kantenlänge / 4 hoch / 4 breit / 16 tief). Bei 65° - 70°C Raumtemperatur musst Du Dir mit Deinem Buddy den Weg durch die Hölle suchen. Atemnot im Kopf & der Realität, Orientierungslosigkeit. Und das ganze wird noch zusätzlich erschwert durch Engstellen, Schotts die geöffnet werden müssen sowie schräge Ebenen. Nichts für schwache Nerven...
Alles in allem eine fundierte Grundausbildung in der Hoffnung, dieses Wissen nie anwenden zu müssen...
Dieses Jahr kann ich ein Jubiliäum feiern - 30 Jahre Grönland.
1993 habe ich als junger Kerl meine ersten Schritte auf dieser fantastischen Insel gemacht. Ich hatte nach der Ausbildung und vor dem Wehrdienst 3 Monate Zeit. Es war Liebe auf den ersten Schritt - ich bin seitdem "arctic bitten", wie es so schön heisst.
Diese erste, lange Tour führte mich nach Ilulissat in der Disko Bucht und weiter nach Uumannaq. Von dort liess ich mich zur Nugssuaq Halbinsel übersetzen und querte diese nach Süden nach Saqqaq. Fast 30 kg auf dem Rücken - heute bin ich fauler geworden und schleppe die Ausrüstung nur noch von der Wasserlinie zum Camp...
Im Indian Summer dann schliesslich die abschliessende Wanderung von Sisimiut am Polarkreis auf dem damaligen Rentiertrail (heute als Arctic Circle Trail gehypt) zurück nach Kangerlussuaq und weiter zum Inlandeis. Im Gegensatz zu heute gab es damals weder Markierungen noch Hütten, man musste noch wirklich in der Lage sein, mit Karte & Kompass navigieren zu können :-)...
Über diesen ersten Aufenthalt machte ich dann in Regensburg einen meinen ersten Diavorträge.
1994 war ich dann schon das erste Mal als Reiseleiter für Nordwind Reisen, Memmingen tätig. Als Newcomer damals eine ziemliche Herausforderung - ohne Kocherfahrung für 12 Leute kochen zu dürfen (müssen) - und das auf den alten Petroleumkochern aus Messing die die Grönländer noch heute in Verwendung haben, nicht mit den Gasbrennern die wir heute benutzen... Und die Gäste waren doppelt so alt wie der Guide. Der Guide hatte damals auch noch keine Erfahrung mit Gruppendynamik.
Nun gut, die Gäste haben es überlebt und ich habe die ersten Jahre eine Menge Erfahrungen gesammelt.
Nordwind und ich - wir sind uns über die Jahre treu geblieben. Auch diese Jahr werde ich wahrscheinlich wieder eine oder mehrere Touren führen.
Danke für Deine Freundschaft, Jörg!
1996 dann meine erste grosse Kajaktour - eine Initialzündung: von der Kap Farvel Region im äussersten Südwesten in einem Sommer bis nach Ilulissat und weiter nach Equi - über 2.000 km in fast 5 Monaten. Abenteuer pur, Adrenalin inclusive. ich startete damals im Mai mit nur wenig Seekajakerfahrung; im Jahr davor war ich in Norwegen von Kristiansand in Südnorwegen nach Bergen gepaddelt um zu sehen, wie ich auf der offenen See zurechtkomme und ob mir das Spass macht - denn eigentlich komme ich ja aus der Wildwasserecke) Zu diesem Zweck habe ich mir damals den Khatsalano von Feathercraft zugelegt - zu dieser Zeit eine Revolution: ein Seekajak auf Faltbootbasis. Das Bootsgerüst aus einer Magnesium-Aluminium Legierung, Packluken auf dem Oberdeck, die Haut Hypalon Mischgewebe. Das Kajak sieht aus wie ein original grönländisches Kajak und hat mich über 20 Jahre treu auf meinen Exkursionen in Grönland begleitet.
Allerdings - Eis und der Zahn der Zeit haben dann doch über die Jahre ziemlich am Khatsalano genagt. Der Produzent ist mittlerweile nicht mehr am Markt, es sind keine Teile mehr zu bekommen. Das hat dann letztendlich dazu geführt, dass ich mir den Explorer von NDK zugelegt habe - aber davon an anderer Stelle mehr.
Dann kamen Jahre, in denen ich durch meine damalige Selbstständigkeit fast keine Zeit hatte, um meiner Leidenschaft nachzugehen - aber ich habe mir Grönland damals in bzw. auf den Truck geholt.
Seit 2011 bin ich wieder back on track.
Seitdem habe ich wieder die Möglichkeit, ausgedehnte Kajaktouren über mehrere Wochen zu realisieren. Zunächst in Südgrönland, in der Diskobucht und - endlich - (m)einer Offenbarung - in Ostgrönland. Solo und zusammen mit Partnerin Bea und Freunden.
Seitdem ich zum ersten Mal in Ostgrönland war, habe ich gespürt dass diese Region das ist, was ich schon immer gesucht habe. Menschenleere. Freiheit. Tuchfühlung zu Gletschern und Inlandeis. Kajakunternehmungen in einer alpinen, ja hochalpin anmutenden Umgebung die Dich verschlingen kann und mehr als süchtig macht.
In den letzten Jahren konnte ich dann mehrere lange Touren mit dem Kajak in Ostgrönland mit Basis in Tasiilaq durchführen. Letzten Sommer dann letztendlich die Realisierung eines lang gehegten Traumes: die Expedition ab Tasiilaq entlang der Küstenlinie nach Süden zu unserem Zielpunkt Nanortalik an der SW Küste Grönlands.
Generell - meine Bewunderung für die Inuit, speziell für die Tunumi (Ostgrönländer) - ist im Laufe der (Kajak) Jahre ins Unermessliche gewachsen. Kajakbau, Bootsbeherrschung, die Jagd vom Kajak auf Robben und Wale. Das (Über) Leben dieser Menschen in einer Natur, die dermassen unerbittlich sein kann. Das zeigt mit eigentlich, wie wenig ich kann und weiss...
Pläne & Projekte für die nächsten Jahre habe ich natürlich haufenweise - für 2024 & 2025 steht Ittoqqortoormiit auf der Liste. Zum einen das gewaltige Fjordsystem - 'Round Milne Island - zum anderen die Distanz von dort in den Süden nach Tasiilaq. Das ist dann die nächste Expedition...
Ach, ja, nicht zu vergessen - Gleitschirm...
2021 habe ich mit dem Gleitschirmfliegen begonnen und im selben Herbst mein Brevet gemacht. Seitdem bin ich am Wochenende bei flugtauglichem Wetter mit dem Schirm unterwegs, auch im Winter. Dann eben mit Schneeschuhen, Tourenski und dem Schirm.
Ostgrönland bietet verdammt gute Spots für Hike & Fly - in den Fjorden ist sogar Thermikfliegen möglich...
Im Blog werde ich zunächst Zug um Zug das komplette Expeditionstagebuch veröffentlichen. Einmal fertig damit, kommen die vergangenen Jahre an die Reihe.
Für die Galerie gilt dasselbe.
Und wenn das mal durch ist, kommen Buch- & Lektüreempfehlungen dran...
Ich hoffe, es macht Dir / Euch Spass, auf der Seite zu stöbern, zu schmökern & zu träumen.
Live your dreams - es müssen nicht unbedingt Touren sein, wie ich sie gemacht habe - aber besucht Grönland. Zu Fuss, mit dem Kajak oder mit dem Schiff. Im Zelt, Hostel oder Hotel. Im Sommer oder, als ganz besondere Erfahrung, im Winter. Die Eindrücke werdet ihr nie mehr vergessen. Das Licht macht süchtig, das Eis & die Eisberge ebenso. Und - die Gletscher schmelzen auch dort. In der Arktis ist der Klimawandel längst angekommen, der Klimawandel schreitet dort 3x schneller voran als in unseren Breiten. Als regelmässiger Gast sehe ich die Zeichen seit über 25 Jahren.
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